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      11.5.2008  
         
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        Geomagnetik

Serge Reich
 


Abb1. Lage der prospektierten Flächen 2003; daneben Altflächen 2002(dunkel) und Altflächen 1996-2001(weiß umrandet); weiterhin Schloss, Strassen und weitere Bebauung

Beim Beginn einer Grabung stellt sich dem Archäologen häufig die Frage, wo genau er seine Grabungsflächen anlegt. Das heißt, er muss sich entscheiden, wo genau die aufschlussreichen Strukturen im Gelände zu finden sein könnten und wo eher nicht. Falsch angelegte Flächen kosten viel Arbeit und Geld und bringen wenig interessante Ergebnisse.

In Nienover zeigen die Reste der Wallanlagen deutlich die Ausmaße der Stadt. Das Problem eine kleine archäologische Struktur (wie z.B. Haus, Ofen oder Strasse) auf einer großen Fläche zielgenau zu finden, stellt sich hier auf den ersten Blick also nicht. Leider fehlt durch Beackerung und Erosion hier im schlimmsten Fall bis zu 1m bis zur ursprünglichen, mittelalterlichen Oberfläche. Von den zahlreichen Strukturen, die die Stadt hinterlassen hat, bleiben also teilweise nur tiefe Strukturen wie Keller, Brunnen und Grabenanlagen. Obwohl hier durch die ungewöhnliche Geologie im Untergrund geophysikalische Verfahren wie Geomagnetik, Geoelektrik und Georadar an Grenzen stoßen, wurden hier im Rahmen einer Forschungsgrabung alle drei Verfahren eingesetzt (GGA Hannover und Reich) um die Topographie der Stadt zu ergänzen und die aufschlussreicheren Strukturen gezielt zu ergraben.

Alle drei Verfahren haben unterschiedliche Vor- und Nachteile.

Allen dreien gemeinsam ist der Vorteil, dass man schnell und zerstörungsfrei Ergebnisse über eine archäologische Fläche bekommt. Der Nachteil bei allen dreien ist, dass das Verfahren keinerlei Datierung anbietet. Man kann zwar sagen, dass ein Struktur vorliegt, aber nicht, wann diese erzeugt wurde.

Geoelektrik hat sich, wie die Geomagnetik, als archäologisches Prospektionsverfahren bewährt. Hier wird mit Sonden der elektrische Widerstand an verschiedenen Stellen im Boden gemessen und aufgezeichnet. Flächig dargestellt können so, unter Umständen, archäologische Strukturen sichtbar werden. Der Vorteil liegt darin, dass teilweise bei bestimmten Sondenanordnungen Aussagen über die Tiefenlagen von Strukturen gemacht werden können. Der Nachteil liegt im hohen Zeitaufwand (und damit im Preis) und einer relativen Unhandlichkeit in schwierigem Gelände.

Bei Georadar verschärfen sich diese Probleme noch mehr. Unter günstigen Umständen können aber genauere Aussagen über Tiefenlagen gemacht werden. Ein weiteres Problem ist das Wasser im Boden. Dieses reflektiert teilweise so stark, dass archäologische Strukturen nicht mehr ins Gewicht fallen.

Bei der Geomagnetik ist es umgekehrt. Aussagen über Tiefenlagen können nur unter besonderen Umständen gemacht werden. Dafür ist eine Fläche schneller zu bearbeiten.

Abb2. Das Arbeitsbild für die Flächenanlage 2003 – Altschnitte, geplante Flächen und verdächtige Strukturen

Die geomagnetische Auswertung baut wie die Grabung selbst auf die Unterschiede des Verfüllmaterials des Befundes (z.B. Grube/Keller) zum umgebenden Bodenmaterial. Bei einer Ausgrabung unterscheidet man solche Befunde durch Farbe und Beimengungen wie z.B. Holzkohle, gebranntem Lehm, Huminstoffen und nicht zuletzt von Keramik und Metallobjekten vom ungestörten Boden.

Im Magnetogramm unterscheidet man Strukturen aufgrund der unterschiedlichen magnetischen Eigenschaften von Befund zum umgebenden Material. Meist decken sich die Ergebnisse, teilweise ergänzen die Ergebnisse sich gegenseitig. Unter gewissen Umständen gibt es Strukturen, die nicht im Magnetogramm auftauchen und manchmal gibt es Strukturen, die sich nicht im archäologischen Befund abzeichnen. So der Kreisgraben aus Alburg, Stadt Straubing. Eine kreisförmige Struktur im Magnetogramm zeichnete sich im Planum der anschließenden Grabung nicht ab. Erst Wochen später wurde sie durch die Witterung sichtbar.

Neben einer Vororientierung im Gelände bietet die Magnetik beim Vergleich der Grabungsergebnisse weiterführende Informationen über die nicht ergrabenen Strukturen durch Analogieschlüsse. Im günstigen Fall kann man so zerstörungsfrei, also ohne in den Boden einzugreifen und die jahrhunderte- oder jahrtausendealten Strukturen auszugraben, zahlreiche Aussagen treffen. Bei minimalem Eingriff, also nur die Ergrabung von ausgewählten Strukturen, kann man die Ergebnisse verifizieren und weitergehende Aussagen wie Ausmaße, Art der Strukturen, Erhaltungszustand und Zerstörungsfortschritt machen.



Abb3. diese Struktur hat sich als 1,5m tiefer Keller herausgestellt
Abb4. bei der Struktur oben links handelt es sich um einen 3m tiefen Brunnen, bei der Struktur unten rechts handelt es sich zwar um einen Keller, allerdings erosionsbedingt nur noch 15cm tief

Ursprünglich wurde die Geomagnetik in der Geologie eingesetzt. Die im Vergleich oft viel kleineren und filigraneren archäologischen Strukturen benötigen neben der reinen Messung eine umfangreiche Datenaufbereitung im Computer. Störende Faktoren wie Schwankungen des Magnetfeldes und störende Metallobjekte müssen entfernt oder in ihrem Ausschlag begrenzt und die archäologischen Strukturen hervorgehoben werden.

Ein Beispiel:
 


Abb5. unbearbeitete Daten

Abb6. bearbeitete Daten

Wichtig ist daher eine Auswertung der Ergebnisse. Nichtarchäologische Strukturen müssen aussortiert, archäologische, wenn möglich, unterschieden und identifiziert werden.

Unten ein Beispiel bei der Identifizierung der Strassen, Keller und Parzellen anhand von Grabungsergebnissen und Geomagnetik. Die Häuser selbst waren natürlich weitaus größer. Der Keller lag, wenn überhaupt, im hinteren Teil des Hauses.
 


Abb7. Interpretation nach Grabungsergebnissen, Geophysik und deren Interpolation
 


Abb8. eine Umzeichnung

1 J.Fassbinder/W.Irlinger/N.Schleifer/H.Stanjek, Methodische Untersuchungen zur Magnetometerprospektion: Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Alburg, Stadt Straubing, Niederbayern. Arch. Jahr Bayern 1998.

   
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